Wenn ein Bahnhof für die Öffentlichkeit „unsichtbar“ ist – aufgrund seiner versteckten Lage, einer schlechten Beschilderung oder unzureichender Vermarktung – kann das negative Folgen haben. Die Zahl der Fahrgäste geht zurück, Bahnnutzer fühlen sich eventuell isoliert und nicht sicher und das Potential des Bahnhofs wird nicht ausgeschöpft.

Um dieses knifflige Problem in den Griff zu bekommen, hat Citizens’ Rail mit den Gemeinden vor Ort an Lösungen für vier Bahnhöfe im Vereinigten Königreich, Frankreich und Deutschland zusammengearbeitet.

Burnley Manchester Road (UK)


Burnley Manchester Road vorher und nachher

Burnley, das 40 km nördlich von Manchester liegt (Karte), ist eine Stadt, die nach wirtschaftlicher Belebung strebt. Dieses Ziel wurde durch das kaum wahrnehmbare Profil des verkehrsreichsten Bahnhofs der Stadt behindert.

Das Problem
Der Bahnhof Burnley Manchester Road wurde 1961 geschlossen und seit seiner Wiedereröffnung 1986 ist er nicht mit Personal besetzt und hat kein Bahnhofsgebäude. Erschwerend kam noch hinzu, dass die Umgebungsbebauung die Sichtbarkeit des Bahnhofs beeinträchtigte, so dass er größtenteils von der geschäftigen Hauptstraße aus im Verborgenen lag. Dadurch wurde Burnley Manchester Road in der Stadt zu einem anonymen Ort. Nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“ wurde die Bahn für viele Menschen ganz einfach zu einer vergessenen Verkehrsmöglichkeit.

Die Lösung
Im Jahr 2011 erwarb der Bezirksrat Burnley Borough Council das ehemalige Bahnhofsgebäude, das nach der Schließung des Bahnhofs in den 1960ern für viele Jahre als Molkerei genutzt wurde. Dank der Finanzierung durch das Interreg IVB-Programm, den Burnley Borough Council und den Lancashire County Council wurde es möglich, das alte Gebäude durch ein neues zu ersetzen. Die Entscheidung zum Umbau erfolgte nach einer Bewertung zur Nachhaltigkeit im Rahmen eines anderen Projekts des Interreg IVB – SusStation (Nachhaltige Bahnhöfe).

Eines der zentralen Bauteile des neuen Gebäudedesigns ist das markante blaue Dach-/Seitenelement. Dieses augenfällige Merkmal hat die Sichtbarkeit des Bahnhofs in der Umgebung enorm verbessert. Außerdem hat es Burnley Manchester Road ein individuelles Aussehen und eine eigene Identität innerhalb der Stadt gegeben. Das Dachelement („Flosse“) wurde von den französischen Partnern Pays de la Loire in Citizens’ Rail vorgeschlagen – ein Paradebeispiel für die länderübergreifende Zusammenarbeit, die den Kern des Interreg IVB-Programms ausmacht.

Aufgrund des auffälligen Aussehens dieses Bauelements gab es unter den lokalen Gemeinderäten geteilte Reaktionen. Trotzdem wurde es mit einer Stimme Mehrheit vom Burnley Council Entwicklungsausschuss genehmigt. In der Lokalzeitung wurde Gemeinderat Stephen Large folgendermaßen zitiert: „Manchester Road ist so, wie er jetzt ist, ein völlig trostloser Bahnhof und zurzeit kann man ihn von der Straße aus nicht sehen. Meiner Meinung nach ist dies das richtige Design und ich unterstütze es.“

Als die Bautätigkeiten im letzten Sommer begannen, sagte die Gemeinderatsvorsitzende vom Burnley Borough Council, Gemeinderätin Julie Cooper:

„Für manche Bahnreisende ist der Bahnhof der erste Eindruck, den sie von einer Stadt gewinnen. Deshalb ist dies ein Projekt von zentraler Bedeutung für Burnleys zukünftiges Wirtschaftswachstum.“

Das neue Gebäude wurde im Sommer 2014 fertiggestellt. Es hat im Bahnverkehrssektor bereits großes Interesse geweckt. Zu den Besuchern gehörte u. a. ein Sonderberater für das Verkehrsministerium der britischen Regierung, der den Bahnhof für sein Erscheinungsbild und sein modulares Design lobte.

Der modulare Charakter des Bahnhofs bedeutet, dass er als eine Art Vorlage dienen könnte, die man entsprechend der örtlichen Bedingungen von anderen Bahnhöfen erweitern oder übertragen könnte. Also werden wir vielleicht in Zukunft in Großbritannien und sogar darüber hinaus noch mehr blaue „Flossen“ auftauchen sehen.

Penhoët (FR)


Penhoët vorher und geplant

Penhoët ist ein Bahnhof in der Nähe der Hafenanlagen von Saint-Nazaire im Pays de la Loire (Karte). Citizens’ Rail arbeitet derzeit an der Verbesserung des negativen Images des Bahnhofs durch eine innovative Grunderneuerung in Partnerschaft mit der örtlichen Gemeinde.

Das Problem
Trotz seiner Nachbarschaft zu Wohngegenden findet der Bahnhof in der örtlichen Gemeinde nur wenig Anerkennung. Bei einer Befragung wussten mehr als die Hälfte der Einwohner nicht einmal, dass der Bahnhof überhaupt existiert. Diejenigen, die Penhoët nutzen, waren der Meinung, dass der Bahnhof isoliert und nachts potentiell unsicher ist. Zwei Drittel erklärten, dass sie mit dem Bahnhof unzufrieden seien. Der Bahnhof wird gegenwärtig hauptsächlich von Werftarbeitern genutzt.

Die Lösung
Als Maßnahme von Citizens’ Rail wurde ein Wettbewerb unter den Studierenden der Nantes Design-Hochschule veranstaltet, um radikale Pläne zur Verbesserung des Images des Bahnhofs zu entwickeln. Neun Konzepte zur Sanierung des Bahnhofs wurden erstellt, darunter fielen so unterschiedliche Ideen wie rollende Fahrsteige wie auf Flughäfen und ein gigantischer Rettungsring (siehe Bilder).

Die Entwürfe wurden in einer öffentlichen Ausstellung präsentiert. Fast 200 Besucher kamen, um dabei zu helfen, die Zukunft ihres Bahnhofs zu gestalten. Mit Einbeziehung einer öffentlichen Abstimmung über die Designs suchten die gewählten Volksvertreter der Region und der Stadt den “Tuyau Toi” (oder „DuTube“) als das Konzept zur Realisierung aus.

Es zeichnet sich durch eine erleuchtete Röhre aus, die sich über die Fußgängerbrücke erstreckt, um die Sichtbarkeit des Bahnhofs sowohl tagsüber als auch nachts zu verbessern. Die Installation eines „blitzenden Totems“ entlang des Boulevards wird ebenfalls in Erwägung gezogen, um den Bahnhof zu signalisieren.

Das Konzept soll 2015 umgesetzt werden, damit ein Bahnhof mit besserer Sicherheit, Erkennbarkeit und Attraktivität geschaffen wird.

Aachen West (DE)


Aachen West vorher und geplant (Bild mit freundlicher Genehmigung von RKW Rhode Kellermann Wawrowsky, Düsseldorf)

Die deutsche Stadt Aachen (Karte) hat eine lebendige und schnell wachsende Universität. Allerdings müssen die Studenten und Universitätsmitarbeiter gegenwärtig einen mangelhaften, nicht barrierefreien Bahnhof nutzen. Citizens’ Rail unterstützt die Planung wichtiger Verbesserungen.

Das Problem
Mit der Erweiterung der RWTH Aachen University, die 5.000 bis 10.000 neue Arbeitsplätze im nächsten Jahrzehnt schaffen soll, ist auch der nächstgelegene Bahnhof der Universität – Aachen West – im Fokus.

Der derzeitige Bahnhof kann aber nur als äußerst elementar beschrieben werden. Das öde Erscheinungsbild verleiht ihm nur wenig Präsenz und Sichtbarkeit und der einzige Zugangsweg zum Bahnhof führt über Treppen, wobei kein barrierefreier Zugang für Rollstuhlfahrer möglich ist.

Die Lösung
Ein ambitionierter Plan für eine neue Brücke über den Bahnhof mit installierten Aufzügen für einen einfachen Zugang zum Bahnsteig würde dieses Problem lösen.

Der Aachener Verkehrsverbund AVV und die Stadt Aachen bringen die lokalen Partner und Nutzer des Bahnhofs zusammen, um die vorgeschlagenen Verbesserungen zu planen.

Anfang 2014 wurden Fördermittel für den Infrastrukturausbau in Höhe von € 6,4 Millionen beantragt. Zum Ende des Jahres 2014 ist die Auftragsvergabe für eine bahntechnische Machbarkeitsstudie geplant.

Es ist geplant, dass danach ein offener Architektenwettbewerb im Jahr 2015 folgt, der ein Konzept für eine neue Bahnhofsbrücke und eventuell für ein neues Bahnhofsgebäude vorlegt. Dies würde Architektur, Städtebau und technische Aspekte miteinbeziehen.

Als eine Idee steht im Raum, die Studenten und Universitätsmitarbeiter bei der Bewertung der Wettbewerbseingaben mitwirken zu lassen.

Torre (UK)


Torre Bahnhof: Foto von Hugh Llewelyn gemäß Creative Commons Lizenz

Torre ist ein nicht mit Personal besetzter Bahnhof in Torquay im Südwesten Englands (Karte). Er wird im Ort nur wenig wahrgenommen, obwohl er für die Nutzung durch Anwohner und Firmen einen guten Standort aufweist. Citizens’ Rail führt Maßnahmen zur Behebung des Problems durch, u. a. gezieltes Marketing und Einbindung der Gemeinde.

Das Problem
Im Hinblick auf das lokale Profil steht Torre oft im Schatten von Torquays Hauptbahnhof, der eine Meile südlich liegt. Das Problem wird noch durch die Tatsache verschärft, dass der Großteil des Torre-Bahnhofsgebäudes verkauft und in ein Möbelgeschäft umgewandelt worden ist (siehe lila Firmenschilder auf dem Foto). Dies verringert wesentlich die Sichtbarkeit des Bahnhofs.

Die Lösung
Eine große Marketingkampagne von der Devon & Cornwall Rail Partnership ist vor Ort in Gang gesetzt worden, um das Bewusstsein für den Bahnhof zu schärfen. Der erste Schritt war eine Anzeigenserie in der Lokalzeitung, um für die häufigeren Bahnverbindungen zu werben, die jetzt jeden Werktag vom Bahnhof aus zur Verfügung stehen und zu 50 % von Interreg IVB finanziert wurden. Daneben fand ein lokaler Wettbewerb statt, bei dem man zwei Fahrkarten nach London gewinnen konnte.

Es wurde ein Website erstellt, die praktische Tipps für das Reisen mit der Bahn und Links zur Reiseplanung, Saisonticket-Rechner und andere nützliche Ressourcen enthält. Besuchen Sie die Website unter www.TheRivieraLine.com.

Außerdem schickte man eine Bahnbroschüre für Torre und Torquay an über 15.000 Haushalte in der Region. Darin fand sich eine Karte des Bahnhof-Standorts, Informationen über den Fahrkartenkauf und Ideen und Fahrpreise für Tagesausflüge mit dem Zug. Weitere Zeitungsanzeigen werden derzeit geschaltet, um das Profil des Bahnhofs kontinuierlich zu fördern.

All dies wurde durch ein Programm zur Einbeziehung der Gemeinde ergänzt, das vom speziellen Riviera-Line-Beauftragen von Citizens’ Rail umgesetzt wurde. Dazu gehörte die Werbung für den Bahnverkehr bei örtlichen Firmen, die Organisation von Info-Ständen bei Veranstaltungen wie dem Torbay Carnival und die Einbindung von lokalen Interessenvertretern durch regelmäßige Treffen des Streckenforums.

Torre Marketingmaterial



Ursprüngliche Zeitungsanzeige / Die Website der Riviera-Linie / Hauswurf-Broschüre / Nachfolgende Zeitungsanzeige

Eine Frage an Sie

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